Neues zum angeblichen "Ende der UFO-Forschung" und der angeblich 100 Prozent-UFO-Aufklärungsrate (1)


Die UFO-Forschung soll ja mal wieder, so hieß es kürzlich aus Großbritannien, am Ende sein. Während die Medien auch in Deutschland die PR-UFO-Tagung-Mitteilungen von dort zum Ende der UFOs aufnahmen, gab es auch UFO-Vorträge in Deutschland. "BILD Leipzig" berichtete heute kurz nach Mitternacht online darüber. Darin wird nicht nur dargelegt, dass die UFO-Forschung eigentlich am Ende sei - sondern auch, dass 100 Prozent der UFO-Meldungen zu erkären seien. Diese und andere Aussagen lösten hitzige Debatten in der UFO-Szene aus.


Leserbrief von Marius Kettmann der DEGUFO e.V. an die "BILD" bzg. dieses Artikels
(dort auch die Kommentare beachten)

Sehr geehrte Bild-Redaktion,
sehr geehrte Frau Dollmeyer,

ich habe heute im Leipziger Regionalteil von Bild.de Ihren Artikel mit dem Titel: „Bild beim Leipziger UFO-Kongress: Haben die noch alle fliegenden Untertassen im Schrank?“ gelesen und möchte Ihnen meine Meinung zu diesem nicht vorenthalten.

Bereits in Ihrer Einleitung, ist Ihnen ein Fehler unterlaufen. Tatsächlich sah der Pilot Kenneth Arnold am 24. Juni 1947 9 fliegende Objekte im US-Staat Washington, die er nicht identifizieren konnte. Durch seine Beschreibung des Flugmusters, nicht wie oft fälschlicherweise behauptet der Objektform, war er zwar in gewisser Weise der „Schöpfer“ des Begriffs „Fliegende Untertasse“, jedoch nicht der erste Sichter unidentifizierter fliegender Objekte.

Das UFO-Phänomen entstand nicht, wie von Ihnen beschrieben, in der Nachkriegszeit. Zusammenfassungen von Wissenschaftlern wie Dr. Jacques Vallée zeigen, dass es UFO-Sichtungen in allen Menschheitsepochen gab.

Ihre Aussage, dass die „Untertassen-Forscher“, wie sich übrigens die Untersucher des UFO-Phänomens nicht bezeichnen, in einer Krise stecken, ist zu ungenau und zu pauschalisierend. Er betrifft in erster Linie eine UFO-Forschungsvereinigung in Großbritannien und bezieht sich in deren Äußerungen, auf die geeigneten Methoden der Erfassung, Untersuchung und Auswertung von eingehenden Sichtungsmeldung und der Verifizierung von Erklärungshypothesen. Diese Aussage ist nicht unisono auf andere Vereinigungen zu übertragen und auch nicht auf das Phänomen oder seine Erforscher.

In einem weiteren Absatz kommen Sie zu der falschen Aussage, dass der anerkannte Diplom-Physiker Illobrand von Ludwiger UFO-gläubig wäre. Diese Aussage zeigt allenfalls öffentlich vorherrschende Fehlurteile zum Untersuchungsobjekt, die jedoch an der Realität vorbeigehen. In einem Falle der „Gläubigkeit“, müssten sie bei anderen Forschern z.B. zu folgenden Aussagen gelangen: „Der Blitz-und-Donner-gläubige Jörg Kachelmann…“, „Der Sonnen-gläubige Stephen Hawking…“ oder „Der verstorbene Sternen-gläubige Carl Sagan…“. Dem Subjekt UFO kann nicht mit einer Glaubenseinstellung begegnet werden. Da es sich um eine neutrale Abkürzung handelt, welche vom Geheimdienst der US-amerikanischen Luftwaffe, Air Force Intelligence Agency (ATIC), in den 1950er Jahren entwickelt wurde. Diese Abkürzung steht für: „Unidentified Flying Object“ – auf Deutsch: „Unidentifiziertes Flugobjekt“. Sämtliche Meldungen die bei UFO-Vereinigungen eingehen, von Objekten die im Luftraum von Personen beobachtet wurden und die von diesen Personen nicht erklärt werden können, sind sogenannte UFOs im weiteren Sinne (UFOs i.w.S.). Diese Meldungen enthalten nichts, woran man glauben kann oder müsste. Der Begriff des Glaubens hat bei der wissenschaftlichen Untersuchung keine Relevanz. Die Titulierung „UFO-gläubig“ hätte dann auch die Untersucher der US Air Force getroffen, die gerade aus wissenschaftlichen Gründen diese neutrale Definition eingeführt hatte. Die Fälle die auch nach der Untersuchung durch UFO-Forscher und Wissenschaftler keine Aufklärung finden, werden UFOs im engeren Sinne (UFOs i.e.S.) genannt. Diese Fälle haben jedoch ebenfalls nichts mit Glauben zu tun. Lediglich die Personen, die hinter den unidentifizierten Fällen bestimmte Erklärungsthesen postulieren, können an diese nur „glauben“ bis diese Thesen durch wissenschaftliche Untersuchungen verifiziert oder falsifiziert wurden. Reine UFO-Sichtungen und die Behandlung nach genau dieser Definition haben mit Glauben jedenfalls nichts zu tun.

Die von Ihnen gebrachte Aussage, dass Illobrand von Ludwiger nur „alte Zeitungsartikel, CIA-Berichte aus den 1950ern und krakelige Zeichnungen“ präsentiert, ist nicht vollzählig. Neben den von ihnen genannten bildlichen Darstellungsformen, wurden auch Radaraufnahmen gezeigt. Diese sind von der militärischen Luftraumüberwachung zur Verfügung gestellte offizielle, von Radargeräten gespeicherte Flugbewegungen, die keinem bekannten Auslöser zugeordnet werden konnten. Die meist mit sehr großer Sorgfalt und Detailtreue angefertigten Objektskizzen als „krakelig“ zu bezeichnen, mag Ihre subjektive Meinung wiederspiegeln, hat aber in einem neutralen journalistischen Beitrag nichts zu suchen.

Die größten Falschaussagen kommen jedoch von dem von Ihnen zitierten „Skeptiker“ Jens Lorek, die Sie scheinbar ohne nähere Prüfung übernommen haben. Bei Herrn Lorek, der in keinem der drei in Deutschland ehrenamtlich betriebenen und im Vereinsregister eingetragenen gemeinnützigen Vereinen zur UFO-Forschung, namentlich DEGUFO, GEP und MUFON-CES, Mitglied ist und somit an der Erforschung des Phänomens gar nicht beteiligt ist, handelt es sich offenbar um den einzigen Menschen auf der Welt, der hundert Prozent aller UFO-Sichtungen aufklären kann. Es gibt unterschiedliche Aufklärungsquoten von UFOs i.w.S. – meist liegen diese zwischen 80 und 95 Prozent. Keine der staatlich/wissenschaftlich geführten UFO-Studien in den USA, der ehemaligen Sowjetunion und Frankreich, keine der staatlich/militärisch geführten UFO-Untersuchungen z.B. in den USA, Frankreich, Großbritannien und keine der weltweit aktiven privaten UFO-Untersuchungsgruppen, konnte eine hundertprozentige Aufklärungsquote erreichen. Bei allen blieben und bleiben stets Fälle übrig, die zu UFOs i.e.S. werden. Mehr noch, gerade Fälle in denen sich die Objekte besonders nah an den Zeugen befanden und in denen die Zeugenanzahl besonders groß war, gibt es oft keine natürliche Erklärung.

Um was es sich bei UFOs i.e.S. handelt bzw. um was es sich nicht handelt, lässt sich von Niemandem genau sagen. An dem Punkt, an welchem ein Objekt identifiziert ist, wird es zum IFO und bleibt kein UFO mehr. Wenn Herr Lorek aussagt, dass er alles irdisch erklären kann (womit er wahrscheinlich meint ohne exotische Ursachen), dann ist dies wissenschaftlich gesehen genauso unhaltbar, wie die Aussage von Personen, die UFOs als außerirdische Raumschiffe identifizieren. Die klare Aussage ist: das man im Moment nicht sagen kann, um was es sich bei UFOs i.e.S. handelt. UFO ist kein Synonym für außerirdische Flugobjekte. Das dies scheinbar in der deutschen Skeptiker-Szene auch im Jahre 2012 noch nicht durchgedrungen ist, ist äußerst kritisch zu sehen. Hingegen der wissenschaftlich orientierten UFO-Forschung in den Vereinen DEGUFO, GEP und MUFON-CES, in welchem keine Aussagen über die Herkunft von UFOs i.e.S. getätigt wird, scheint Herr Lorek, der sich selbst „Alien-Anwalt“ nennt, keine kritische Trennung seiner eigenen Meinung vom tatsächlichen Untersuchungsobjekt vornehmen zu können.

Die Aussage es gebe nichts Neues, ist ebenso falsch. Allein der DEGUFO wurden im Jahr 2012 ca. 300 Sichtungen gemeldet, was immerhin ca. eine Meldung pro Tag bedeutet.

Ihre Umfrage hat ebenfalls den Kern der UFO-Forschung komplett verfehlt, weil Sie UFOs als Synonym für außerirdische Raumschiffe verwenden, was wissenschaftlich nicht haltbar ist.

Ich nehme nicht an, dass Sie meinen Leserbrief veröffentlichen werden, da die gesamte Darstellung des Themas in Ihrem Bild.de Beitrag scheinbar bewusst in eine falsche Ecke gerückt werden sollte, jedoch möchte ich an ihre journalistische Sorgfaltspflicht appellieren, in der es unter anderem heißt: „Bei Konflikten sind die Positionen beider Seiten darzustellen.“ Gerade bei kontroversen Themen, sollten und können Sie sich nicht auf Aussagen einzelner Verlassen, sondern sollten bewusst investigativ vorgehen. Warum Sie sich, obwohl Sie die Möglichkeit besaßen, mit keinem der Referenten unterhielten, bleibt mehr als fraglich.

Sollten Sie sich hingegen meiner Annahme, doch für eine Veröffentlichung dieses Leserbriefes entscheiden, würde dies sicher die Sachlichkeit des Themas und Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit hervorheben.

Mit freundlichen Grüßen

Marius Kettmann
Militärhistoriker
2. Vorsitzender der DEGUFO
Mitglied der MUFON-CES

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"Es muss nicht alles so sein, es kann auch ganz anders sein. Manche Rätsel sind Scheinrätsel, manche werden zu welchen gemacht, manche aber widerstehen ziemlich hartnäckig allzu glatten Erklärungsversuchen."
(Walter-Jörg Langbein, 1993 in "Die großen Rätsel der letzten 2500 Jahre")

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